Sonntag, 2. November 2008

Review: Metroid Prime 2: Echoes

Sprechen wir mal über Emanzipation und die Rolle der Frau in Videospielen. Welcher Name fällt euch da als erstes ein? 90 Prozent dürften jetzt ohne die Überschrift danebenliegen und Lara Croft sagen. Doch schon lange vorher hat sich eine Frau auf grosse Reise gegeben, und zwar nicht im Auftrag von Core und Eidos, sondern von Nintendo. Kein geringer als Game Boy-Erfinder Gunpei Yokoi war es, der sich 1986 für Metroid und damit den ersten Auftritt von Samus Aran verantwortlich zeichnet.

Nach Metroid 2 auf dem Game Boy und Super Metroid auf dem SNES kam zu Nintendo 64-Zeiten das Gerücht eines 3D Metroid auf, das allerdings niemals das Licht eines Modulschachtes erblickte. 2002 dann die Erleichterung: Zusammen mit den Retro-Studios (ehemals Iguana und damit berühmt durch Turok berühmt) bringt Nintendo Metroid Prime heraus, das das Prinzip aus der Seitenansicht in die dritte Dimension verfrachtet und durch viele kluge Ideen die Gamecube-Spieler verzaubert. Weitere 2 Jahre später liefert und Retro die Fortsetzung, und wieder kommt die Zockergemeinde kaum aus dem Staunen heraus.

Metroid Prime 2: Echoes spielt direkt nach den Ereignissen des Vorgängers, ohne jedoch (bis auf eine Ausnahme) storytechnisch Bezug auf ihn zu nehmen. Der Auftrag, ein verschollenes Raumschiff der galaktischen Föderation samt Besatzung ausfindig zu machen, führt Samus auf den Planeten Aether. Im Landeanflug jedoch gerät sie in einen schweren Sturm und ein Blitz beschädigt ihr Schiff, so dass sie notlanden muss. Bereits kurz nach der Landung sieht sie sich mit mehreren Problemen konfrontiert: Zum einen sind die Männer der Förderation allesamt ausgelöscht, dummerweise aber alles andere als leblos, sondern von einer parasitären Lebensform, den Ing befallen. Ausserdem trifft Samus sehr bald auf einen Dimensionalen Riss, der sie in die dunkle Dimension des Planeten führt, wo sie auf ihr dunkles Gegenstück trifft, das sich am (auch hier vorhandenen) Phazon zu schaffen macht. Zu allem Überfluss sieht sie sich auch noch mit den Ing konfrontiert, die sie fast ihrer gesamten Ausrüstung berauben. So steht sie wieder wie in eigentlich jedem Metroid-Abenteuer anfangs in Minimal-Ausstattung da und der Spieler muss zusehen, wie er eben jene zurückgewinnt. Ganz allein ist sie jedoch nicht: U-Mos, der letzte Überlebende der Luminoth (den Chozo nicht unähnlich), steht ihr mit Hinweisen zur Seite.

Wer das erste Metroid Prime gespielt hat, wird sicherlich keinerlei Umstellungs-Schwierigkeiten haben. Für Neulinge sei aber an dieser Stelle gesagt, dass man es zuerst mit einem Ego-Shooter zu tun haben scheint, sich damit aber gewaltig irrt. Klar, es gibt Auseinandersetzungen zur Genüge, aber ganz tief in seinem Herzen ist Metroid Prime 2: Echoes ein Adventure, was sich auch in der Steuerung niederschlägt. Der linke Stick wird zunächst benutzt, um sich zu bewegen: Vor und Zurück, rechts und links Drehen. Im Gegensatz zu reinrassigen Ego-Shootern wird also der rechte Stick nicht zum Umsehen genutzt, sondern für die Auswahl der Waffen. Wenn man auf Gegner trifft, hält man üblicherweise die linke Schultertaste gedrückt, um den Feind anzuvisieren und in der Mitte des Bildschirms zu halten. Dann dreht man sich auch nicht mehr um die eigene Achse, sondern bewegt sich im Kreis um den Gegner. Mag die ersten paar Minuten ungewohnt erscheinen, funktioniert aber nach kurzer Zeit sehr intuitiv und perfekt spielbar.

Natürlich ist auch wieder der Morph Ball von der Partie, der im Hinblick auf die Rätsel enorm ausgebaut wurde. Es macht einfach einen Heidenspass, sich an Wänden und Decken entlang durch Hindernis-Parcours zu manövrieren, die herausfordernd und kreativ gestaltet sind. Sogar ein gesamter Morph Ball-Endboss-Kampf steht auf dem Programm, und allgemein ist der Einsatz der verschiedenen Items noch stärker ins Gameplay mit einbezogen worden, was der Vielfalt sehr zugute kommt. In diesem Zusammenhang ebenfalls erwähnenswert ist der Einsatz der dunklen Welt, die eigentlich genauso funktioniert wie ihr 16 Bit-Gegenstück in The Legend of Zelda: A Link to the Past, mit einem Unterschied: Die aggressive Atmosphäre des dunklen Aether greift fortwährend eure Lebenspunkte an, anfangs sehr stark (7 HP pro Sekunde, um genau zu sein), später durch neue Anzüge erst weniger, dann gar nicht mehr. Ihr könnt jedoch in "Lichtglocken" Schutz suchen, die euch ausserdem langsam heilen. Das ganze macht den Ausflug in die dunkle Dimension zu einer Art notwendigem Übel, was der Atmosphäre von Gefahr hier zugute kommt.

Retro hat sich natürlich nicht lumpen lassen und viele neue Ausrüstungen spendiert. Da wäre zum Beispiel der Spider Ball, mit dem Samus sich an bestimmten Schienen entlangbewegen kann, und der für einige originelle Puzzles und Boss-Kämpfe eingesetzt wird. Der Dark Visor lässt Plattformen und Gegner sichtbar werden, die aufgrund von dimensionalen Verschiebungen unsichtbar sind, der Echo-Visor stellt nur die Schallwellen der Umgebungen dar, was zum Öffnen einiger Türen nötig ist. Neben den neuen Anzug-Systemen wird Fans vor allem die Rückkehr der Screw Attack freuen, die auch in der dritten Dimension nichts von ihrem Fun-Faktor eingebüsst hat. KLar, neue Beam-Waffen gibts natürlich auch. Neben dem (entgegen der Nennung zuletzt zugänglichen) Sonic Beam, einer Schallwaffe, gibt es noch den Light- und den Dark Beam, die bevorzugterweise gegen entsprechend anfällige Gegner eingesetzt werden wollen, und auf ihre ganz eigene Art ein Novum in der Metroid-Geschichte darstellen: Beide basieren erstmals auf einem Munitions-System! Natürlich nicht auf einem ganz gewöhnlichen: Je nachdem, ob man Light- oder Dark Beam Munition braucht kann man sie kriegen, indem man Behältnisse und Gegner mit dem jeweils anderen Beam bearbeitet.

Als der erste Teil rauskam, war er das Paradebeispiel dafür, was man aus dem Gamecube herausholen kann. Mit Echoes werden die Chips auf der Platine allerdings nicht nur herausgefordert, sondern bis an die Grenze getrieben. Es ist erstaunlich, wie viel Power in Nintendos kleinem, unscheinbaren Würfel steckt, und das alles, ohne dass die Framerate auch nur ein kleines bisschen leiden würde! Alle paar Meter bleibt man stehen, um die wundervoll ausgearbeiteten Areale mit den tollen Texturen zu bewundern. Und wenn man dazu keine Zeit hat, weil gerade damit beschäftigt ist, sich die Ing vom Leib zu halten, staunt man über die lebensechten Animationen. Es ist aber nicht nur der technische Apekt, der die Grafik so bewundernswert macht, es ist vielmehr die Liebe zum Detail, die die Kinnlade im Minutentakt herunterklappen lässt. Überall kreucht und fleucht etwas, Wenn U-Mos mit einem kleinen Licht in seiner Handfläche kleine Insekten anlockt, die kurz danach wieder auseinanderstieben, bleibt man gerne mal ein paar Minuten stehen und fühlt eine tiefe Bewunderung.
Das letzte Tüpfelchen für die Atmosphäre ist, ihr habt es sicher schon geahnt, der Sound. Die Effekte passen jederzeit perfekt, Musik hört ihr fast ausschliesslich bei Kämpfen oder zu speziellen Anlässen, und bei beiden wird die Atmosphäre perfekt getroffen. Davon abgesehen wird das Feld den Umgebungseffekten überlassen, die ihr Übriges tun, eine organische Welt entstehen zu lassen. Ohrwurmcharakter beweist Retro jedoch bei der Titelmelodie, die sich in den Gehörgang bohrt und weigert, wieder loszulassen.

Der Gamecube mag wenige Games insgesamt haben, aber davon sind erstaunlich viele exklusive Schätze. Und Metroid Prime 2: Echoes ist genau das: Ein Meisterwerk, das euch mit Atmosphäre, ausgefeiltem Gameplay, unglaublicher Vielfalt und einem unfassbar guten technischen Rahmen fesseln wird. Dazu kommt die angenehme Länge, weit entfernt von den teilweise nur noch 7 Stunden dauernden Games, die man immer mehr sieht, mindestens 20 Stunden solltet ihr schon einplanen. Und eines ist sicher: Nicht eine Minute davon wird langweilig sein. Notfalls besorgt euch einen Gamecube oder eine Wii samt Classic-Controller, ihr werdet zustimmen, dass die Kohle gut angelegt ist

Grafik: 10 Punkte
Sound: 9 Punkte
Gameplay: 10 Punkte

Spielspass: 10 Punkte

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