
So, lang hats gedauert, aber langsam werden die tatsächlichen Inspirationen, mein Blog aufzugreifen, endlich fertig. Ich wage zu bezweifeln, dass mein Output allzu konstant sein wird, aber hin und wieder (So Zeit und Muse denn passen), werd ich die Griffelspitzen wieder auf der Tastatur klackern lassen. Einer der Hauptgründe, neben Bioshock 2 (von dem ihr hier auch noch was zu lesen kriegen werdet), ist der zweite Teil von Biowares Mass Effect-Trilogie, neben Activions neuem Ausflug nach Rapture das erste Mal seit Halo 2(!), dass ich mir ein Spiel am Releasetag zum Vollpreis geholt habe und, soviel sei an dieser Stelle vorweg genommen: Es hat sich gelohnt!
Heute ist nicht alle Tage...
...Shepard kommt wieder, keine Frage. Im Gegensatz zu seinem pinken Comic-Kollegen liess sich der Commander der Normandy allerdings ein wenig mehr Zeit. Und das gleich in doppelter Hinsicht. Einerseits mussten Fans des Orignals drei jahre auf den zweiten Teil der geplanten Trilogie warten, andererseits war Shepard schliesslich auch zwei Jahre..., naja... tot.
Relativ unerwarteterweise wird die Normandy von einem unbekannten Schiff angegriffen und zerstört, wobei Shepard ebenso unerwartet die altbekannte letzte Kapitänspflicht antritt. Nun ist die Sache die, das eine gewissen menschliche Organisation namens Cerberus (Fans des Erstlings kennen sie als ziemlich böse Buben) sich nicht mit dem Gedanken anfreunden kann, dass der Mann, der massgeblich für die Zerstörung der Sovereign verantworlich war und vielleicht die letzte Rettung der Menschheit vor den restlichen Reapern sein könnte, einfach so dem Jenseits überlassen wird. Kurzerhand wird eine Expedition losgeschickt, die die heldenhafte Leiche einsammelt und zu Reanimationszwecken in eins der offenbar zahlreichen Hauptquartiere liefert. Schlappe zwei Jahre später (Gott sei dank nicht in Echtzeit!) seid ihr wieder ansatzweise quicklebendig und werdet vom äusserst undurchsichten Boss von cerberus, lediglich, nun ja... 'bekannt' als 'der Unbekannte', darum gebeten, die Kollektoren aufzuhalten, die für das spurlose Verschwinden der Bewohner kompletter menschlicher Kolonien verantwortlich sein sollen.
Charaktere? Wir haben Charaktere!
In der Tat. der letzte Absatz bezieht sich auf die Kerngeschichte, aber eines der wichtigsten Elemente, die die Story von Mass Effect 2 so genial machen, sind die Charaktere. Jeder hat seine eigene Hintergrund-Geschichte, die sich einerseits in ausschweifenden, aber äusserst interessanten Gesprächen und andererseits in den Loyalitätsmissionen enfaltet. Eigentlich kann man sich die Story als eine Art Schience Fiction-Variante von Ocean's 11 vorstellen, es geht hauptsächlich um die Rekrutierung einer Gruppe, die eine Mission gegen die Reaper ausführen soll, die von vielen für Selbstmord gehalten wird. Dies ist eine der vielen, vielen Stellen, and denen man merkt, dass die Geschichte im zweiten Teil düsterer geworden ist. Man sucht ja auch nach den absoluten Profis, die mit ihrem Können aufgrund verschiedener Situationen meist nicht wirklich gesetzeskonform sind. Was wiederum überhaupt kein Problem ist, da die meisten Orte die ihr besucht ohnehin von Wesen aller Art bewohnt werden, die auf Gesetze Pipi machen. Dementsprechend bewegen wir uns auch mit vielen Entscheidungen in einem Bereich, der nicht unbedingt immer als gesetzestreu zu bezeichnen ist. Allerdings hat man dabei immer im Hinterkopf, dass alles letztenendes dem grösseren Ganzen dient, nämlich der Rettung der Meschheit und vielleicht allen Lebens der gesamten Galaxie. Und hier hat Bioware zum ersten Mal etwas geschafft, was kein Entwickler vorher geschafft hat: Anstatt wie in so vielen anderen Rollenspielen den strahlenden Helden zu geben, der immer im Sinne der Gemeinschaft entscheidet und an alle Situation so gut wie möglich herangeht, habe ich in Mass Effect 2 an erstaunlich vielen Stellen der versuchung nicht widerstehen können, rücksichtslos vorzugehen, weil es einerseits oftmals bei den gegebenen Fakten aus meiner Sicht die bessere Entscheidung war, und weil es zweitens zu unglaublich genialen Szenen führt, wenn man einfach mal eine grosse Klappe hat. Also wer mir erzählt, dass er beim ersten Durchspielen in der Verhörszene mit Thane den guten Cop gespielt hat, der hat sich entweder verklickt oder musss ich ewiges Gelächter von mir gefallen lassen, hehe...
Gears of Rollenspiel
Klingt eigentlich nach einer netten Kombination, und nachdem der Erstling schon sehr, sehr nah an meine Vorstellung eines Rollenspiels mit Schusswaffen gekommen ist, hat Teil zwei den Nagel schlicht und ergreifend auf den Kopf getroffen. Die Auseinandersetzung mit den vielen - sehr gut in die Geschichte integrierten - Söldnergruppen, Organisationen und fiesen Völkern steuert sich wie ein Traum. Bioware hat das Deckungssystem überarbeitet, so dass Shepard beispielsweise bei nach einem Sprint zu einer Kiste automatisch in Deckung schlittert oder über eine Deckung hinwegrutscht, ein Stück weiterläuft, um dann sofort die nächste Deckung zu erreichen. All das wird mit der Leertaste erledigt, die ausserhalb der Kämpfe zum Sprechen und Benutzen dient. Alles in allem laufen die Kämpfe sehr intuitiv und flüssig, einige der grösseren Gegner dürften aber gerne ein wenig Reaktion auf unsere Angriffe zeigen. So kann man beispielsweise einem kleinen Gegner Beine und Arme zerschiessen (besonders bei Robotern effektiv), die grösseren Brocken jedoch verhalten sich physikalisch wie ein Betonklotz, will heissen: der Lebensbalken geht durch Beschuss runter, aber der Gegner selbst scheint bei seinem Vorrücken ansonsten komplett unbehelligt zu sein. Es wäre schön wenn man in Teil 3 zum Beispiel den Geschütz-Arm eines grossen Mechs treffen könnte, so dass dieser vielleicht nicht zerstört wird, aber einen kurzen AUgenblick zu Seite geschleudert wird, was dem eigenen Team die Chance zu einem effektiven Konterangriff ermöglichen würde.
Beim Deckungssystem enden die Änderungen allerdings nicht, die Bioware am Kampfsystem gemacht hat. Am offensichtlichsten ist das neue Munitionssystem, oder besser gesagt die Tatsache, dass es jetzt überhaupt eines gibt. Kein Warten auf das Abkühlen der aktuell benutzten Waffe mehr, stattdessen wird jetzt nachgeladen, was meist in Deckung geschehen sollte. Dann hat sich die Bedeutung der MediGels verändert: Anstatt angeschlagene Kämpfer zu heilen werden sie jetzt benutzt, um gefallene Kameraden wiederzubeleben, die Lebensenergie sowie der Schild erholen sich jetzt automatisch, quasi Halo-Style. Ausserdem sind da ja noch die biotischen und technischen Fähigkeiten sowie zusätzliche Munitionsarten (hier als Fähigkeiten eingesetzt), deren Anwendung trotz eines anders aufgebauten Menüs extrem an das gute alte Secret of Mana erinnert. Der einzige Unterschied ist der, dass man sich nicht mit Magiepunkten oder dergleichen herumschlagen muss, stattdessen löst die Benutzung einer Fähigkeit einen sogenannten Cooldown aus, während dem der betreffende Charakter keine seiner Skills einsetzen kann. Das sind zunächst die offensichtlichsten Änderungen, die das Kampfsystems betreffen, aber wer bereits Mass Effect-Erfahrung gesammelt hat braucht keine 5 Minuten, damit die Neuerungen in Fleisch und Blut übergehen und man sich sicher ist, Bioware hier zu gelungenen Änderungen gratulieren zu dürfen.
Desweiteren hat man an der Zusammenstellung der Gegner gearbeitet, welche nun je nach Typ unterschiedliche Eigenschaften und Merkmale aufweisen und mit entsprechend eingestellter Munition angegangen werden müssen, um sich durch Barrieren, Schilde, Panzerung und manchmal auch mehreres auf einmal zu ballern. Statt Gruppen aus 20 Gegners der fast selben Art werdet ihr meist vor kleinere gegnerische Teams gestellt, auf die man wegen ihren Spezialisierungen achten sollte.
Wir sind noch nicht fertig!
Soweit zu den hervorstechendsten Änderungen, die die Kämpfe betreffen. Was desweiteren einen gewissen Bruch mit den Mechaniken des Vorgängers darstellt sind einerseits der Mako, oder vielmehr seine komplette Abwesenheit und der damit verbundene Umschwung auf das Scannen von Planeten zum Ressourcensammeln und finden der versteckten N7-Missionen, die Komplett zu Fuss erledigt werden und einige sehr originelle Szenarien bieten, als auch das starke Zurückschrauben des Inventars. Auch hier könnte man zunächst denken, dass es gar keines gibt, aber letztenendes wurden hier die gleichen Aufgaben in ein anderes System gepackt. Statt normalen hinterlassenschaften finden man jetzt Upgrade-Skizzen, die an Bord der Normandy erforscht werden und Verbesserungen an Schiff, Waffen und Gruppenmitgliedern ermöglichen, wobei man bei den Waffen teilweise komplett neue Modelle erhält, allerdings keine neuen Waffenarten, wodurch man in den Gefechten eigentlich nur stärkere Varianten alter Bekannter benutzt. Stichwort Waffen: Die Entwickler spendieren uns mit den schweren Waffen eine neue Waffengattung, und gleichzeitig auch die einzige, deren Vertreter sich spürbar voneinander unterscheiden. So bekommt man unter anderem Zugriff auf einen Raketen- und einen Granatenwerfer, einen Kälte- und einen Partikelstrahl, vor allem letzterer sieht im selbst im Einsatz nach nichts aus, macht aber dennoch ordentlich Schaden. All diese verbesserungen werden dem Spieler natürlich nicht einfach so vor die virtuellen Weltraumstiefel geworfen, man benötigt Ressourcen aus dem am Anfang des Absatzes erwähnten Planetenscannen, um das alles zu erforschen. Dabei kann man an jedem Planeten ein entsprechendes Minispiel absolvieren, bei dem man mit der Maus und einigen Azeigen auf der rechten Seite des Bildschirms die Oberfläche absucht. Hat man nun etwas gefunden, so schiesst man eine Sonde auf den Planeten und die gesammelten Rohstoffe wandern in euren Laderaum. Eigentlich ist die Tätigkeit an sich monoton, doch irgendwie hat Bioware es hinbekommen, dass man irgendwann damit beginnt, sich kleine Taktiken zu überlegen ("Wenn ich nur Sonden schiesse, falls mindestens soundsoviel Element Zero an der Stelle ist, dann könnte ich mit den Sonden die ich habe vielleicht sogar 2 Planeten fertigkriegen..." und so weiter), und da das Scannen ohnehin nur einen kleinen Teil des eigentlichen Spiels darstellt, kommt man damit erstaunlich locker klar.
Dann ist da noch die Art, wie mit den Statistiken umgegangen wird. Erfahrungspunkte bekommt man meist nur noch nach Aufträgen, ebenso wie viele der Belohnungen. Bei Hauptmission geschieht dies jetzt sogar auf einem eigenen Abschlussbildschirm. Ungewohnt, aber letztenendes kein besonderer Unterschied, da man nach wie vor an der Stelle weitermacht, wo man war. Es gibt die klassischen Stufenaufstiege, aber soweit ich das beurteilen kann, handelt es sich dabei lediglich um gesteigerte Lebenspunkte. Um nun auch die Fähigkeiten zu pimpen, bekommt man (ausschliesslich nach Hauptaufträgen) so genannte Gruppenpunkte, die man nach Gutdünken verteilen darf. Das System ist im Gegensatz zu Teil eins stark vereinfacht, bietet aber dennoch ein wenig Raum zur freien Spezialisierung. Ein letzter erwähnenswerter Punkt ist die Tatsache, dass es weniger Optionen zum Ausgeben der Punkte gibt, weil beispielsweise Schmeicheln und Einschüchtern nicht mehr als passive Fähigkeiten behandelt werden, sondern sich direkt durch eure Taten entwickeln.
Mein Kiefer tut weh...
Nun besteht Mass Effect 2 aber nicht nur aus blei- beziehungsweise energiereichen Schusswechseln mit allerlei Gangstern und Gesocks, sondern auch und ganz besonders aus einem enormen Anteil Rollenspiel, der auch angesichts des angehobenen Geschicklichkeitsanteils ganz klar der gameplaytechnische Star des Spiels ist. Vor allem die Gepräche mit Teammitgliedern und NPCs sind der absolute Wow-Faktor des Spiels und wer vorhat, möglichst schnell durchzukommen, wird einiges verpassen. Das gilt auch für Leute, die Spiele normalerweise nur einmal durchspielen, denn Bioware hält das Versprechen, das so viele Entwicklerstudios seit einer halben Ewigkeit geben: Die Entscheidungen, die man trifft, haben tatsächlich einen gewaltigen Einfluss auf die kommenden Ereignisse und Situationen, und das dank der tollen Idee, wie die Spielstände übernommen werden, sogar zwischen den einzelnen Teilen. Charaktere, die im Vorgänger das Zeitliche gesegnet haben, tauchen beispielsweise nicht auf. All dies beeinflusst nicht die übergeordnete Geschichte um die Kollektoren, doch bis hinauf zu den mittelgrossen Story-Elementen liegt es am Spieler, wie er sich die Details der Welt zurechtschnitzt. Einige offenbar wichtige Fragen aus dem Vorgänger, wie beispielsweise die Rachni-Königin, tauchen zwar nur am Rande auf, aber irgendetwas (vielleicht ein Tipp aus dem Ladebildschirm, hehe) sagt mir, dass sich solche Dinge noch im dritten teil entfalten werden. Das zusammen, mit den Entscheidungen, die man hier trifft, plus natürlich neuen Entscheidungen führt mich echt zu dem Gedanken, wie oft man die einzelnen Teile hintereinander wohl spielen müsste, um echt alles gesehen zu haben.
Und gesehen haben sollte man zumindest einiges in diesem Spiel. Die zahlreichen Gespräche sind gespickt mit geschliffenen und zumeist gut gesprochenen Dialogen, kleinen bis genialen Witzen (will noch ein Kroganer einen Fisch aus dem See beim Präsidium?) und generell absolut coolen Szenen. Sowas stylishes wie den ersten Auftritt bei Aria im ebenso genial inszenierten Afterlife Club auf Omega hat man selten gesehen. Aber das trifft auf viele Stellen im Spiel zu, die Zeiten von still stehenden Leuten in Gesprächen sind vorbei, alles ist durchinszeniert und erinnert gerade mit dem intuitiven Konversationsrad mehr an eine echte Unterhaltung aus einem Film als an ein Videospiel.
Worauf es ankommt
Das scheint Bioware in technischer Hinsicht ebenso zu wissen wie in erzählerischer. Wobei nicht nur die technischen Aspekte daran ausschlaggebend sind, sondern vor allem das Design und die Qualität der Produktion. Man merkt deutlich, dass beispielsweise in Gesprächen die Gesichter und Augen der Leute ebenso wie ihre Bewegungen der Schwerpunkt der Bemühungen waren, und dieser Entschluss hat sich ausgezahlt. Die Gesichtsanimationen sind wahrscheinlich das beste, was ich in der Hinsicht jemals gesehen habe. Ebenso wie man sehen kann, dass die Gesichter einen sehr grossen Anteil an Grafikpower spendiert bekommen haben, im Gegensatz dazu sieht die kleidung der NPCs manchmal leicht verpixelt und verwaschen aus. Wobei man dazu sagen muss, dass man schon ein wenig genauser hinschauen muss und letztenendes die Gesichter Leute ihnen wirklich Charakter geben, so dass man da eigentlich kaum meckern kann. Die Umgebungen sind relativ liebevoll erstellt, eine Entsprechung zu den simplen kopierten Nebenauftragsorten des Vorgängers kann man nicht finden. Hin und wieder mag man in den Gebieten recyclete Objekte erkennen, aber das ist kaum der Rede wert. Ansonsten bieten die Umgebungen stark gehobenes Niveau.
Der Sound ist stimmig und passend, mit treffenden Effekten, einem netten Space Opera-mässigen Soundtrack und den bereits erwähnten einwandfreien Sprechern. Die Stimme, die die wichtigen Kodex-Einträge liest, hat gewechselt; was früher von der deutschen Stimme von Scully aus Akte X gesprochen wurde, übernimmt nun ein männlicher Kollege, den ich auch schonmal irgendwo gehört habe.
Operation Successful
Es hat satte 12 Jahre gedauert, aber nach 1 1/2 Durchgängen bin ich mir relativ sicher, dass Fallout 2 den Thron als mein Lieblingsspiel aller Zeiten räumen muss. Letztenendes kein Beinbruch, wie ich finde, denn Mass Effect 2 macht zumindest für mich alles richtig. Genau der richtig Ton in der Geschichte, tolle Charaktere, ein klasse Kampfsystem, die Liste liesse sich fortsetzen. Als gematrailers.com 9,7 gab, hörte man die ersten Kommentare schreien, die Wertung sei gekauft. Angesichts all der verbesserungen, die im Vorfeld bekannt waren, war ich allerdings ´überzeugt, dass diese Wertung für mich durchaus passen könnte, und das tut sie. Wenn ihr Mass Effect noch nicht ausprobiert habt und auch nur im entferntesten was mit Zukunfts-Geschichten anfangen könnt, werdet ihr hier sicher gut unterhalten werden. Und das eine Weile, das erste Durchspielen hat bei mir etwa 40 Stunden gedauert. Nur ein Tipp noch zum Schluss: Stellt sicher, dass ihr den ersten auch habt, denn dann versteht ihr einerseits einige der Insider in den Gesprächen und andererseits ist das Feature mit dem Übernehmen der Entscheidungen einfach nur klasse!
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