Freitag, 19. Dezember 2008

Kolumne: Atmosphärischer Egoismus

Gute Grafik macht noch kein gutes Spiel, nach wie vor ein sehr wahres Statement. Jedoch kann sie manchmal ein Element sein, das den Spielspass unterstützen kann. Ein ganz besonderes Beispiel sind in diesem Zusammenhang die Spiele, die aus der Ego-Perspektive gespielt werden. Technische Finesse kann in diesem Genre schon eine ganze Menge aus einer Spielwelt machen, die man ohnehin aus einer relativ realistischen Ansicht betrachtet. Allerdings soll es gar nicht um die Grafik an sich gehen, sondern um ganz andere Tricks, die die Entwickler in den letzten Jahren gelernt haben, um die Spieler noch tiefer in ihre Szenarien hineinzuziehen.

Das ganze hat schätzungsweise mit Half-Life angefangen. Sicherlich, das Meisterstück, den Spieler sämtliche Vorgänge zur Story aus der Sicht von Gordon Freeman, hat auch viele, viele spätere Games beeinflusst, aber es ist ein kleineres Gameplay-Element, auf dass es mir ankommt: Die kleinen, beinahe unscheinbaren Hinweise, wenn man getroffen wird, aus welcher Richtung der Angriff kam. Das ganze wurde von der Konkurrenz dankend aufgegriffen und auch über eine gewisse Zeit lang unverändert so benutzt. Ausserdem (und damit reisse ich jetzt mal ganz derbe die eigentlich von mir geplante zeitliche Einteilung auseinander) war es wichtig vom Gefühl des 'Durch die Level-Schwebens' wegzukommen, indem man die Sicht beim Laufen ein wenig mitanimiert hat. Ein einfacher kleiner Trick, aber allein dadurch dühlte man sich als Spieler direkter in die Spielwelt integriert.

Die neue Konsolengenration brachte dann noch zwei weitere Änderungen in den Konzepten der Spiele mit sich: Das eine war der Verzicht auf Bildschirm-Anzeigen, soweit möglich. Auch wenn es nicht aus der Ego-Ansicht gespielt wird, ist hier Gears of War ein gutes Beispiel. Beinahe minimales Fadenkreuz, die Munitionsanzeige wird nur angezeigt, wenn man auch wirklich welche verbraucht (also in Gefechten), und eine Lebensanzeige gibt es überhaupt nicht. Stattdessen verändert sich nach und nach das Fadenkreuz und die Sicht wird eingeschränkter und farbärmer, was dann durch die Sichtbehinderung auch ein klein wenig die Einschränkung simuliert, wenn man verletzt ist. Ein weiter Punkt ist, dass die Animationen der Sicht des Charakter in Bewegung noch weiter ausgebaut wurde. Das fing eigentlich schon ein wenig bei Metroid Prime an, wo man bei schweren Treffern auch wirklich das Gefühl hatte, hart erwischt zu werden (optisch verrissene Waffe, Sicht enorm behindert usw.), aber bei Mirror's Edge wird es echt zur vorläufigen Perfektion getrieben. Die Sicht dreht sich schräg, wenn man an Wänden entlangläuft, und bei Landungen samt Abrollen sieht man die gesamte Rolle aus der Ego-Perspektive.

Es mag sich nach kleinen Elementen anhören, aber diese werden (von den Entwicklern richtig eingesetzt) zu Spielen führen, bei denen man noch mehr das Gefühl hat, mitten in der jeweiligen Welt zu stehen, bei denen die Dynamik einfach noch besser rüberkommt. Ich bin jedenfalls gespannt, in welche Richtung sich das alles noch entwickeln wird.

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