Dienstag, 9. Dezember 2008

Review: Far Cry Instincts



Wie stellt man sich im allgemeinen den idealen Ruhestand vor? Am besten natürlich auf einer tropischen Insel, oder noch besser in der Nähe von einer, in einem kleinen Boot. Irgendwann kommt eine hübsche Dame, bietet einem erstaunlich viel Kohle für erstaunlich wenig Arbeit, und besser kann es eigentlich kaum kommen. Bis zu dem Augenblick, in dem man sich mit einem verzweifelten Sprung aus den brennenden Resten seines kleinen Schiffchens rettet, bevor es endgültig explodiert, weil irgend ein Idiot auf die beknackte Idee gekommen ist, eine Rakete hineinzujagen. An dieser Stelle wäre sicherlich jeder von uns ziemlich angepisst, und genau so ergeht es auch Jack Carver, mit einem kleinen, aber wichtigen Unterschied: Wo unsereins klein beigeben würde, da er gegen ein kleine Armee ohnehin keine Chance hat, lasst Mr. Carver, seines Zeichens ehemaliger Elite-Soldat, sich diesen Scheiss nicht bieten und macht sich auf den Weg, den Veranwortlichen zu zeigen, wo der Hammer hängt.

So weit zum Anfang von Far Cry Instincts, das, vom groben Südsee-Szenario und einigen Charakteren einmal abgesehen, erstmal ziemlich wenig mit dem hochgelobten PC-Game zu tun hat. Und auch wenn die Engine die gleiche ist (mit einigen Modifikationen für die XBox), so ist dieses Spiel eben trotz des Namens nicht von Crytek, sondern von UBI in Frankreich entwickelt worden. Das muss ja zwangsläufig nicht unbedigt was schlechtes heissen, auch wenn sich sicher viele Spieler darüber gefreut hätten, das original Far Cry, wenn auch grafisch abgespeckt, auf dem heimischen Fernseher zocken zu können. Aber der Reihe nach: Zunächst einmal trifft es den Kern der Sache ziemlich gut, wenn wir sagen, dass Far Cry Intints näher an Halo dran ist, als an irgendetwas anderem. Trotz des komplett anderen Settings und einiger Steuerungskniffe tauchen immer wieder kleine Deja Vu-Momente auf. Vielleicht hab ich auch damals einfach nur zu viel die Demo vom stillen Kartografen gezockt, und jetzt erinnert mich jede Insel gleich an die Landung in einem Pelican, wer weiss das schon?

Was man allerdings objektiv feststellen muss ist die Tatsache, dass vom weiträumigen Level-Design auf dem PC nicht mehr viel übrig geblieben ist. Stattdessen wurde alles von Grund auf neu gebaut, um dem Spieler zwar optisch Freiheit vorzugaukeln, ihn aber andererseits bis auf sehr wenige parallele Pfade kommplett linear durch die Levels zu schleusen. Vielleicht lässt sich das ganze dadurch erklären, dass die zugegebenermassen äusserst beeindruckenden Insel-Szenerien anders technisch nicht möglich gewesen wären, schade ist so oder so... Was Far Cry Instincts am Anfang ganz toll macht, ist folgendes: Es vermittelt dem Spieler auf hervorragende Weise das Gefühl, allein einer Übermacht gegenüberzustehen. Man kann zwar mit gezückten Knarren Rambo-Style in jedes kleine Lager rennen, aber damit macht man es sich nur unnötig schwer. Es ist nicht vollkommen unmöglich, auf diese Art zu spielen, aber vorsichtiges Vorgehen und Geruilla-Taktiken sparen nicht nur Munition, sondern machen obendrein auch noch enorm viel Spass. So kann man Fallen stellen und Gegner mit gezielt geworfenen Steinen hineinlocken, sich im Gebüsch verstecken, oder beispielsweise unter Holzhütten robben, auf den Rücken drehen und einzelne Feinde gezielt und unbemerkt mit der schallgedämpften Pistole ausschalten. Ein Heidenspass! Unterstützt wird das Ganze noch davon, dass die gegnerische KI bis auf wenige Aussetzer einen formidablen Job macht. Nur einmal habe mit dem Scharfschützengewehr einen von zwei nebeneinanderstehenden Gegner per Kopfschuss erledigt, und die Reaktion des anderen war:"WAS WAR DAS??".... *guck um* ...."War wohl nur der Wind..." Aber von diesem einen mal abgesehen, Daumen hoch für KI.

Es sind Moment wie diese, gerade am Anfang des Spiels, die den von vielen prophezeiten Halo-Killer durchscheinen lassen. Nach etwa einem Drittel kommt dann die grosse Wendung, die gleichzeitig den zweiten Unterschied zum PC-Papa einführt: Jack Carver wird gekidnapped und bekommt animalische Kräfte, die sich nach und nach noch erweitern. Er kann schneller rennen, Gegner an Körperwärme und Geruch erkennen, und seine Nahkampf-Attacke wird zu einem One-Hit-Kill, der Gegner gerne mal 7-8 Meter durch die Luft schickt. All diese Fähigkeiten ersetzen quasi die alten Möglichkeiten, was natürlich einen ziemlich krassen Bruch im Gameplay bedeutet. Klar, es bleibt ein Ego-Shooter, aber plötzlich wird der taktisch angehauchte Feldzug aus der Deckung zu einem Run&Gun-Fest, wie es sie zu hunderten gibt. Die Tier-Fähigkeiten sich zwar witzig, können aber bei weitem nicht mit den Aktionen vom Anfang mithalten, auch wenn ein schneller Spurt samt anschliessenden 30 Meter-Sprung auf ein 10 Meter tiefer liegendes Plateau durchaus anfangs seinen Reiz hat. Das Problem ist bloss: Es gibt fast keine Situationen, die den Einsatz dieser Kräfte wirklich erfordern. Ab und an benutzt man den Geruchssinn, um Feinde schneller zu erkennen, aber wirklich notwenig ist er nicht. Den Nahkampf-Angriff benutzt man recht häufig, aber eher, um Munition zu sparen oder weil er schneller ist als jede Waffe im Spiel, trotzdem spielt er sich exakt so, als hätte man immer ein Partikelschwert zur Hand. Und nur ein einziges mal hatte ich eine Stelle, wo ich ohne den weiten Sprung nicht weitergekommen wäre. Wie gesagt: Es ist nicht wirklich schlecht, aber im Vergleich zum Anfang des Spiels verblassen die Fähigkeiten ganz gewaltig.

Im Gegensatz dazu fast rundum gelungen finde ich die Fahrzeuge. Die Auswahl ist durchaus nett: Buggy, Geländewagen, Jetski, Boot, Drachengleiter, man kann eigentlich nicht meckern. Gesteuert wird dabei ausschliesslich mit dem linken Stick, während der rechte auch weiterhin fürs Zielen mit der eigenen Waffe genutzt wird. Über alle fahrbaren Untersätze lässt sich sagen, dass sie sich gut handhaben lassen, was angesichts der Tatsache, dass eine ganze Menge Stellen zum Fahren geeignet sind, kein unwichtiger Punkt auf der Liste ist. Die Waffen reihen sich weder beim Plus noch beim Minus ein. Alles halt schonmal dagewesen, vom Messer über die Pistole, MG, Pumpgun bis zum Raketenwerfer. Man kann insgesamt drei Waffen mitführen (je eine klein, mittlere und grosse), die sich dann über das Steuerkreuz direkt anwählen lassen.

Eine ganze Menge Optionen werden demjenigen geboten, der beabsichtigt, online zu spielen. Zunächst einmal gibt es die typischen Spielmodi Deathmatch, Team Deathmatch und Capture The Flag (unter anderem Namen). Daneben gibt es noch einen Modus, in dem ein Spieler die Rolle eines Raubtiers übernimmt und von den anderen gejagt wird, sich allerdings auch sehr gut zu verteidigen weiss. Sollte man sich auf den Karten einmal sattgespielt haben, kann man immer noch den ertklassigen Editor anwerfen, mit dessen Hilfe man in relativ kurzer Zeit fast professionell wirkende Karten erstellen und hochladen kann.

Technisch bräuchte sich Far Cry Instincts eigentlich nicht einmal von Halo 2 oder Chronicles of Riddick etwas sagen zu lassen, zumindest am Anfang nicht. Da klappt einem als Spieler mehr al einmal der Kiefer runter, und vor allen Dingen beim Schluchten-Level haben sich die Designer mehr als nur selbst übertroffen. Danach scheint man irgendwie die Lust verloren zu haben, es folgen ein höchst durchschnittlicher Labor-Komplex, ein schon oft genug genauso gesehener Sumpf und die Vulkaninsel gegen Ende wirkt einfach nur noch hingeschludert, so als hätten die Designer keine Zeit oder keine Lust mehr gehabt. Eigentlich schade, denn am Anfang wird einem verdammt deutlich gezeigt, zu was für Leistungen die Engine auch auf einer Konsole in der Lage ist.
Der Sound ist auch nicht unbedingt ein Glanzstück. Die selten eingespielte Musik ist so durchschnittlich, dass man sie schon fast nicht wahrnimmt, Soundeffekte gehen soweit in Ordnung, und die deutsche Synchronisation reisst zwar keine Bäume aus, kann sich aber durchaus hören lassen.

Far Cry Instincts leidet entweder an plötzlichem Termindruck oder Motivationsverlust, vielleicht sogar beides. Wie sonst ist zu erklären, dass der Anfang einfach grandios ist und mit zum technisch und spielerisch besten auf der XBox gehört, das Niveau dann nach dem ersten Drittel langsam aber sicher übers Mittelmaß bis hin zu unterdurchschnittlich abgleitet? Von der viel zu kurzen Spielzeit (6-7 Stunden) und dem meiner Meinung nach enttäuschenden End-Kampf mal ganz abgesehen. Vielleicht regt mich der Verlauf des Spiels aber auch wirklich nur so auf, weil die ersten paar Levels gezeigt haben, was hätte sein können? Ich weiss es nicht, aber Fakt ist folgendes: Man kann sich Far Cry Instincts durchaus mal ausleihen, denn durchgespielt ist es schnell, und sich dann ein eigenes Bild machen.
Wer sich für den Multiplayer-Part interessiert, hat es sicherlich eh schon zu Tode gespielt. Ich wollte es für den Singleplayer haben, und da ist es dem ganzen Hype nur anfangs gerecht geworden.

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